Dr. Wolfgang Schuster
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart
Grußwort
Die Gleisanlagen des Inneren Nordbahnhofs sind ein authentischer Ort von außergewöhnlicher Bedeutung für die Landeshauptstadt Stuttgart und das ganze Land. Vom Inneren Nordbahnhof wurden die – mehrheitlich aus Stuttgart stammenden – jüdischen Bürger aus dem ganzen Land deportiert.
Ein solcher Ort ist besonders geeignet, historische Sachinformationen zu vermitteln und zugleich ein öffentliches Zeichen in die Gegenwart und für die Zukunft zu setzen. Vermittlung von Geschichte mit der Perspektive der Zukunftsfähigkeit bedarf für die Zeit nach dem Tod der Erlebnisgeneration der konkreten, sinnfälligen Ver-Ortung im authentischen Kontext.
Über die historische Authentizität hinaus sind Gleise und Züge in der Rezeptionsgeschichte zu einer Metapher für die Shoa geworden. Dieser Bezug verdeutlicht zudem den von der Geschichtswissenschaft eindrücklich analysierten bürokratischen Prozess des staatlich organisierten, gleichsam industriemäßig betriebenen Massenmords.
Gedenkorte sind Teil des kollektiven öffentlichen Gedächtnisses. Sie erinnern nicht nur an historische Ereignisse oder Personen. Sie repräsentieren auch das kulturelle Selbstverständnis einer Gesellschaft, sind mit einem Appell verbunden und weisen in die Zukunft.
Nicht nur Gedenkorte sondern auch immerwährende oder wiederkehrende Ereignisse und Veranstaltungen erinnern an das schmerzliche Geschehen. Die Stadt Stuttgart setzt auch Zeichen mit der jährlichen Verleihung der Otto-Hirsch-Gedenkmedaille und mit der Unterstützung der Jüdischen Kulturwochen. Das Reichhaltige Programm, das die unterschiedlichen Facetten jüdischen Lebens aufzeigt, bietet allen Bürgerinnen und Bürgern die Chance, sich mit dem Leben in der jüdischen Gemeinde auseinander zu setzen und durch gegenseitiges Kennenlernen, Toleranz, Verständnis und Freundschaft zu entwickeln.
Mit der Realisierung des Projekts „Zeichen der Erinnerung” unterstützt die Stadt Stuttgart gemeinsam mit den Initiatoren die Bemühungen, die Erinnerung an die tragischen Ereignisse wach zu halten und den künftigen Generationen ein mahnendes Zeichen zu setzen.
Publiziert in:
Zeichen der Erinnerung…
1. Auflage 2006 (S. 9)
2. überarbeitete Auflage 2006 (S. 7)
3. Auflage 2009 (S. 9)
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