Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg (ACK)
Es ist mir eine große Ehre als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg heute hier in der Nähe des Killesberges, 80 Jahre nach der Deportation von über 1000 Jüdinnen und Juden, ein Grußwort zu richten um alle jenen zu Ehren, zu Gedenken und uns an sie zu erinnern.
Auf dem Killesberg war das Sammellager. Auf die Frage wohin sie gehen würden bekamen sie keine Antwort! Von den über 1000 deportierten Jüdinnen und Juden kamen nur 48 Menschen zurück. Sie hatten erfahren wohin ihre Reise damals ging aber wollten sie es wahrhaben? Können WIR es wahrhaben? Empfinden? Verarbeiten? Verstehen?
Die industrielle Vernichtung von Millionen von Juden, Kriegsgefangenen, Sinti und Roma, Homosexuellen, politischen Gegnern und anderen von den Nazis unbeliebten Personengruppen in der Zeit von 1941 bis 1945 ist ein unauslöschlicher Fleck in der Geschichte der Menschheit geblieben.
Unmittelbar nach dem Holocaust gab es große Hoffnungen, dass der Horror die Welt zum Besseren verändern würde – leider ist dies nur in geringem Maße geschehen, wir haben im Grunde nicht daraus gelernt. Einer der Aspekte des Holocaust, der oft beschönigt wird, ist die Kooperation oder Duldung der lokalen Bevölkerung und Behörden in den Gebieten, in denen die Nazis Juden vernichteten.
Als Grieche und als orthodoxer Geistlicher möchte ich besonders die Haltung meiner Heimat Griechenland und die Solidarität, die sie gegenüber unseren Mitmenschen jüdischer Herkunft gezeigt hat und immer wieder zeigt, hervorheben.
Der „Tag des Gedenkens an die griechisch-jüdischen Märtyrer und Helden des Holocaust“ wurde durch einen einstimmigen Beschluss des griechischen Parlaments im Januar 2004 ins Leben gerufen und wird jedes Jahr am 27.Januar gefeiert. (Der Tag, an dem die Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz von den Nazis stattfand), um das Andenken Tausender griechischer Juden zu ehren, die in den Konzentrationslagern der Nazis ums Leben kamen, und um den Heldenmut der christlichen Griechen zu preisen, die unter Einsatz ihres Lebens im besetzten Griechenland viele Jüdische Mitbürger vor dem sicheren Tod gerettet haben.
Das ist genau eine Tatsache, die zeigt, dass Liebe keine Grenzen kennt, keine Nationalitäten, keine Rassen.
Genau wie Apostel Paulus in seinem Brief an die Korinther schrieb:
„Die Liebe freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf!“
Papst Franziskus hatte in einer Rede betont, dass man das Grauen nicht vergessen dürfe. „Erinnern bedeutet auch zu wissen, dass solche Dinge wieder passieren können, beginnend mit Ideologien, die behaupten, ein Volk zu retten, und am Ende sowohl Völker als auch die Menschheit zerstören.
Sind die Opferzahlen ausschlaggebend für die Aufmerksamkeit, die einem zuteilwird, oder ist das Leid eines einzelnen Menschen wichtig?
“Hier gibt es kein Warum.” Dies ist die Antwort, die Primo Levi von einem Wärter des Lagers Auschwitz erhielt, als er dort als Gefangener ankam.
Es gibt kein Warum. Dies ist die Antwort, die die meisten Menschen gerne geben würden, wenn sie gefragt werden, warum sie sich heute für den jüdischen Völkermord interessieren.
Bevor ich mit meinem Grußwort ende, indem ich die Hoffnung ausspreche, dass unsere Mitmenschen nicht umsonst gestorben sind. Wir müssen ihrer auch künftig gedenken, wir müssen auch weiterhin die Botschaft des friedlichen Miteinander verkünden und an einer besseren Welt bauen – damit unsere Kinder in Frieden und Sicherheit leben können.
Trotzdem muss die Frage des Warums beantwortet werden:
Weil es nicht anders geht.
Weil es eine Verpflichtung im kollektiven Gedächtnis der Menschheit ist.
Weil es wieder passieren kann.
Vielen Dank für das Zuhören