Vieles jährte, jährt sich in diesen Jahren zum siebzigsten Mal. Hochzeiten für traurige Ereignisse, für Erinnerungen.
Am 01. Dezember vergangenen Jahres waren es 70 Jahre, dass der erste Transport jüdischer Bürger und Bürgerinnen der Stadt und des Landes von diesem Ort nach Osten nach Riga in den Tod ging. Das Land, die Stadt, die Israelitische Religionsgemeinschaft Israels, der Staat Israel veranstalteten an diesem Tag eine Gedenkveranstaltung. Buch liegt dort.
Am 15. März kommenden Jahres werden es 70 Jahre, dass von demselben Ort Hunderte Sinti und Roma nach Auschwitz deportiert wurden. Wir bereiten eine Gedenkveranstaltung vor.
1942 gingen von diesem Ort zwei weitere, 1943 drei weitere Transporte, 1944 und 1945 je ein Transport in die Konzentrationslager.
Am 22. August, heute vor 70 Jahren ging ein Transport von fast 1000 Stuttgarter und Württemberger jüdischer Bürgerinnen und Bürger nach Theresienstadt. Anlass unserer heutigen Veranstaltung. Wir haben uns zu fragen, warum es so lange dauerte, dass wir uns dessen erinnern.
Wir sind erst seit wenigen Jahren dabei das Verschweigen, das Verdrängen, das Vergessen in dieser Stadt zu durchbrechen, darüber was von 1941 bis 1945 unter dem Blick der Öffentlichkeit mit den jüdischen, den Sinti und Roma und anderen Opfergruppen geschah. In Stuttgart dauert manches etwas länger.
Erinnerung darf nicht nur Vergangenheit sein. Ebenso wichtig ist der Blick in die Zukunft. Es wird immer weniger Zeugen geben, die Zeugnis von dem ungeheuerlichen Geschehen geben können. Umso dankbarer bin ich, sind wir, dass Sie Frau Auerbacher, als eine der letzten Überlebenden dieser Deportation unserer, Herrn Klegrafs Einladung, zu dieser Veranstaltung zu kommen, gefolgt sind und zu uns sprechen werden. Ich begrüße Sie auf das Herzlichste. Gary Fabian, der andere Überlebende in Australien hat ein Grußwort geschickt, das wir verlesen werden
Beim nächsten Jahrzehnten-Gedenken wird das Gedächtnis der Überlebenden immer weniger existieren. „Das Erlebnis jenes Todes wird zu Ende gehen“.
Meine Hoffnung, die vitale Erinnerung am Leben zu erhalten setze ich nicht allein auf die Historiker, Soziologen, Schriftsteller. Erinnerung muss wach gehalten werden um der Zukunft willen, um des zukünftigen Handelns willen. Dies ist eine der Aufgaben dieses Ortes, „vielschichtig wie die Seele der Menschen selbst“.
Derartige Orte, Erinnerungsräume sind das „Gedächtnis der Stadt“. Meine, unsere Hoffnung geht dahin, dass dieser Ort dies in unserer Stadt lange, immer leistet. Ein Zeichen der Hoffnung auf eine Welt ohne Gewalt, ohne Rassismus, ohne Fremdenfeindlichkeit, der Zuversicht, des Friedens, der Toleranz. Dies die Aufgabe dieses Ortes, dieser Veranstaltung, dies unsere Aufgabe.
Ich danke Ihnen.