* 30. Januar 1871 in Pressburg/Bratislava,
† 26. Februar 1937 in Göppingen
»Rabbiner und deutscher Patriot«
Ende Februar 1937 stirbt in Göppingen Aron Tänzer, lange Jahre Rabbiner der Stadt. Lediglich zwei Christen wagen es, an der Bestattung teilzunehmen, die Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger wirkt nach jahrelanger Hetze auch über den Tod hinaus. Gerade Tänzer litt schwer unter den Diffamierungen, hatte er doch 1924 aus nationaler Gesinnung seinen Vornamen Aron in Arnold geändert.
Tänzer wird am 20. Januar 1871 in eine alte Pressburger Rabbinerfamilie hineingeboren. In Pressburg besucht er auch die Rabbinatsschule, ehe er von 1892 an in Berlin Geschichte, Germanistik und Semitische Philologie studiert. Nach seiner Promotion im Jahr 1895 an der Universität Bern wird er Rabbiner in Hohenems (Vorarlberg), Meran und vom 1. September 1907 an in Göppingen. Mit der Übernahme dieser Stelle ist die württembergische Staatsangehörigkeit verbunden. Tänzer versteht sich als deutscher Patriot, ohne Zögern meldet er sich daher bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Freiwilliger. Von 1915 an wirkt er als Feldrabbiner an der Ostfront, ein Einsatz, für den er eine Reihe hoher Auszeichnungen erhält. Nach Kriegsende kehrt er als Rabbiner auf seine Dienststelle nach Göppingen zurück. Über die Konfessionsgrenzen hinweg engagiert er sich als Lokalhistoriker, Literat und in der Volksbildung seiner Heimatstadt. Doch die zunehmende Ausgrenzung der Juden ab 1933 desillusioniert den national gesinnten Rabbiner – in seiner selbst entworfenen Grabinschrift kehrt er zum hebräischen Vornamen Aron zurück. Während seinen sechs Kindern die Flucht gelingt, wird seine zweite Frau Berta Tänzer 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie im September 1943 umkommt. hs
Karl-Heinz Rueß: Rabbiner Dr. Aron Tänzer. Stationen seines Lebens. Göppingen 2002.