Käthe (Käthchen Frida Rosa) Loewenthal

* 27. März 1878 in Berlin,
† April/Mai 1942 in Iżbica

Malerin und treue Freundin

Mit der Über­sied­lung in ein so genann­tes jüdi­sches »Alters­heim« in Wei­ßen­stein (Land­kreis Göp­pin­gen) im Jah­re 1941 hat die schwä­bisch-jüdi­sche Male­rin Käthe Loe­wen­thal die letz­te Sta­ti­on ihrer erzwun­ge­nen Umzü­ge erreicht. Hier erhält sie Anfang 1942 die Auf­for­de­rung, sich auf dem Stutt­gar­ter Kil­les­berg ein­zu­fin­den. Am 26. April führt ihr Weg zusam­men mit rund 285 jüdi­schen Mit­bür­gern vom Kil­les­berg zu den Zügen am Inne­ren Nord­bahn­hof. Das Ziel die­ses Trans­ports sind Ver­nich­tungs­la­ger im besetz­ten Polen, wo Käthe Loe­wen­thal kurz nach der Ankunft ermor­det wird.

Selbst­bild­nis

Die Loe­wenthals haben ihre Bezie­hung zum Juden­tum weit­ge­hend gelöst, die Fami­lie ist libe­ral und vom Pro­tes­tan­tis­mus beein­flusst. Käthes Vater Wil­helm Loe­wen­thal genießt als Augen­arzt und Hygie­ni­ker inter­na­tio­na­le Aner­ken­nung – etwa als Assis­tenz­arzt bei Robert Koch in Ber­lin; beruf­lich ist er viel im Aus­land unter­wegs, so dass die Fami­lie häu­fig umzieht und Käthe Loe­wen­thal ihre Kind­heit in Genf, Lau­sanne, Paris, Argen­ti­ni­en, Bern und Ber­lin ver­bringt. In den 1890er Jah­ren beginnt sie mit ver­schie­de­nen Mal­kur­sen – u. a. in Zeven und in der Schweiz – ihre Aus­bil­dung zur Male­rin. Ins­be­son­de­re die Schwei­zer Land­schaft des Ber­ner Ober­lands und der Maler Fer­di­nand Hod­ler, bei dem sie auch Unter­richt hat, üben einen wich­ti­gen Ein­fluss auf sie aus. Wäh­rend eines län­ge­ren Auf­ent­halts in Bern zwi­schen 1892 und 1894 lässt sich Käthe Loe­wen­thal pro­tes­tan­tisch tau­fen und kon­fir­mie­re Um 1902 folgt Käthe Loe­wen­thal dem Maler Leo von König, den sie in Paris ken­nen lernt, nach Ber­lin und besucht des­sen pri­va­te Mal- und Zei­chen­schu­le. Als sie 1905 von Ber­lin nach Mün­chen zieht, gelingt es ihr, von Auf­trags­ar­bei­ten zu leben. 1909 sie­delt Käthe Loe­wen­thal zuerst nach Tübin­gen über, im Jahr dar­auf nach Stutt­gart, wo sie eine Ate­lier­woh­nung des »Würt­tem­ber­gi­schen Male­rin­nen-Ver­eins« bezieht, des­sen Mit­glied sie wird. Käthe Löwen­thal bewegt sich vor allem im reform­ori­en­tier­ten Kreis um Adolf Höl­zel, bei dem sie an der Kunst­hoch­schu­le zum ers­ten Mal mit aka­de­mi­schem Unter­richt ihr Kön­nen ver­voll­komm­net. Von 1914 an arbei­tet sie in Stutt­gart als Male­rin; vor allem ihre Por­träts fin­den Anklang. Dane­ben schafft sie Still­le­ben und Land­schafts­bil­der, in die Gedan­ken der Anthro­po­so­phie ein­flie­ßen. Von 1912 bis 1935 ver­bringt Loe­wen­thal regel­mä­ßig eini­ge Som­mer­wo­chen auf der Ost­see­insel Hid­den­see, wo ihre Schwes­ter ein Häus­chen besitzt. Dort ent­ste­hen zahl­rei­che See­stü­cke, Meer- und Küs­ten­land­schaf­ten. Seit 1902 ver­bin­det Loe­wen­thal eine tie­fe Freund­schaft mit der der Male­rin Erna Raa­be-Frei­in von Holz­hau­sen, die trotz deren Hei­rat auch ein ero­ti­sches Moment besitzt, wovon sen­si­ble Gedich­te Loe­wenthals zeu­gen. Die Gleich­be­rech­ti­gung der Frau ist ihr wich­tig; in Anbe­tracht der Her­ab­set­zung weib­li­cher Künst­ler als »Dilet­tan­ten« wünscht sie sich, dass »ein Weib öffent­lich und nach außen hin reden kann […] und sie doch als Weib ange­se­hen und respek­tiert wird und ihr Reden als das eines Men­schen«. Loe­wen­thal stellt regel­mä­ßig in Mün­chen und Stutt­gart aus – in den Jah­ren 1924 bis 1932 ist sie an allen Aus­stel­lun­gen der »Stutt­gar­ter Sezes­si­on« betei­ligt. Als die Natio­nal­so­zia­lis­ten 1933 an die Macht gelan­gen, ver­liert Loe­wen­thal mit der Gleich­schal­tung der Künst­ler­ver­ei­ni­gun­gen auch die Mög­lich­keit aus­zu­stel­len. Bis 1935 gelingt es ihr, heim­lich wei­ter­zu­ar­bei­ten, dann jedoch erhält sie abso­lu­tes Mal­ver­bot. Bei ihrem letz­ten Mal­auf­ent­halt in der Schweiz rät man ihr zu blei­ben; um ihre Freun­din Erna Raa­be nicht allei­ne zu las­sen, kehrt sie jedoch nach Stutt­gart zurück. Erna Raa­be erkrankt schwer und stirbt 1938 – bis zuletzt von Käthe Loe­wen­thal gepflegt. 1941 muss sie ihre Woh­nung erst­mals ver­las­sen und in eine so genann­ten »Juden­woh­nung« in Stutt­gart-Kal­ten­tal umzie­hen. In den fol­gen­den Jah­ren unter­stützt sie ihre Haus­häl­te­rin mit Geld und Lebens­mit­teln. Die­ser gelingt es auch, eini­ge Bil­der zu ver­ste­cken. Auch der Maler Albrecht Käm­me­rer nimmt Bil­der Loe­wenthals in sein Maga­zin, die meis­ten jedoch wer­den – zusam­men mit Wer­ken Oskar Schlem­mers und Wil­li Bau­meis­ters – bei einem Bom­ben­an­griff auf Stutt­gart im Jahr 1943 zer­stört. Eine Map­pe mit unge­fähr 250 Pas­tel­len, Gra­phi­ken und Aqua­rel­len, zahl­rei­chen reli­gi­ös-phi­lo­so­phi­schen Arbei­ten, weni­gen Brie­fen und einer Anzahl Foto­gra­fien von ver­schol­le­nen Ölbil­dern wird indes geret­tet. Dar­über hin­aus sind Bil­der und Zeich­nun­gen in Pri­vat­be­sitz erhal­ten. ah

Käthe Loe­wenthals Stutt­gar­ter Ate­lier, um 1934

Edith Neu­mann: Künst­le­rin­nen in Würt­tem­berg. Zur Geschich­te des Würt­tem­ber­gi­schen Male­rin­nen-Ver­eins und des Bun­des Bil­den­der Künst­le­rin­nen Würt­tem­bergs. 2 Bde. Stutt­gart 1999 (Ver­öf­fent­li­chun­gen des Archivs der Stadt Stutt­gart, Bd. 81). Bd. 1: S. 172–191. Bd. 2: S. 104f. http://​www​.kaethel​oe​wen​thal​.de