* 19. Januar 1901 in Stuttgart,
† 11. April 1985 in London
»Der Stadt Stuttgart. Trotz Allem«
Am 23. März 1933 erreicht Manfred Uhlman die Nachricht, die ihn ins Exil treiben soll: »Wenn sie Uhlmännle sehen, sagen Sie ihm, dass es in Paris jetzt sehr schön ist. Sagen Sie ihm: jetzt.« Einen Tag später flüchtet der sozialdemokratisch engagierte Rechtsanwalt jüdischer Herkunft über einen einsamen Grenzübergang nach Frankreich, um der drohenden Verhaftung zu entgehen. Seine Erinnerungen an die ungleiche Freundschaft mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg hält der Schriftsteller später in der Erzählung »Der wiedergefundene Freund« fest. Die 1960 entstandene Autobiographie Erinnerungen eines Stuttgarter Juden widmet Uhlman »Der Stadt Stuttgart. Trotz Allem«.
Uhlman lebt nach seiner Exilierung in Paris und beginnt im Frühjahr 1934 als Autodidakt mit dem Malen. In Spanien lernt er die Engländerin Diana Croft kennen, die wenig später seine Frau wird, und siedelt 1936 mit ihr nach London über. Ihr Haus wird zum Refugium für deutsche Exil-Künstler. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs gründet Uhlman die »Free German League of Culture – Freie Deutsche Künstlerbund«, die deutsche Flüchtlinge in England in einer »Anti-Nazi-Organisation« vereinen soll, um für Freiheit, Kultur und Demokratie zu kämpfen. Neben kommunistisch engagierten Mitgliedern treten unter anderem auch Oskar Kokoschka, Stefan Zweig, Berthold Viertel und Max Herrmann-Neiße ein. Wie viele andere in England lebende Deutsche wird Fred Uhlman am 25. Juni 1940 verhaftet und für sechs Monate in den Lagern in Ascot und auf der Isle of Man interniert. Zu der »außergewöhnlichen Ansammlung von Menschen auf so engem Raum« gehört neben rund 30 Universitätsdozenten auch der Dada-Künstler Kurt Schwitters, mit dem Uhlman Freundschaft schließt. Nach dem Krieg besucht der Maler und Schriftsteller seine Heimatstadt Stuttgart und sucht vergeblich nach den Gräbern seiner Familie, denn die Eltern waren nach Theresienstadt deportiert worden, »wo sie unter den üblichen Umständen starben«. Ende 1944 warf sich Uhlmans Schwester Erna auf dem Weg nach Auschwitz mit ihrem Baby unter einen Zug. »Als ich […] wieder nach Stuttgart kam, fühlte ich mich dort vollkommen fremd. Die Stadt war ›wie ein großer Friedhof im Mondenschein‹, ich selbst ein Geist unter Geistern. Die Fenster, die sich mir einstmals geöffnet hatten, waren leer. Ich wartete und niemand kam.« sm
Fred Uhlman: Erinnerungen eines Stuttgarter Juden. Hrsg. von Manfred Schmid Stuttgart 1992 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart, Bd. 56).