* 9. März 1888 in Stuttgart,
† 1942 in Ravensbrück (für tot erklärt)
Die Familie von Kaulla – eine undankbare Stadt deportiert ihre Wohltäter
Der Vornamen der tatkräftige Karoline wird in der abgewandelten und umgangssprachlichen Form »Kaulla« zum Nachnamen für eine Familie, die über ein Jahrhundert lang die bedeutendste Bankiersdynastie Württembergs bleiben wird. Diese Familie wird zudem zum Grundstein der jüdischen Gemeinde in Stuttgart. Karoline, Mutter vieler Kinder, erhält als Hoffaktorin zusammen mit ihrem Bruder Jakob von Herzog Friedrich Eugen erst Hofschutz, dann auch das Niederlassungsrecht in der Stadt Stuttgart. Doch auf Betreiben der Kaufmannschaft wird ihnen dieses Schutzrecht schon im folgenden Jahr wieder entzogen. Doch die Geschäfte der Kaullas, vor allem bei der Verpflegung des kaiserlichen und herzoglichen Heeres in den langen Kriegsjahren um 1800, entwickeln sich bestens. Im Jahr 1800 wird ihr Bruder zum Hofbankier in Stuttgart ernannt. 1802 folgt die Gründung einer Hofbank, in der sich Herzog Friedrich II. großen Einfluss auf die Geschäftsführung sichert. Diese Bank entwickelt sich zu einer der wichtigsten Finanzeinrichtungen des Königsreichs Württemberg. Bereits 1801 wurde Jakob vom Kaiser zum Geheimrat ernannt – er und seine Nachkommen dürfen sich fortan »von Kaulla« nennen. Fünf Jahre später verleiht Friedrich, nachdem er König geworden ist, einigen Mitgliedern der Familie Kaulla sowie deren Nachkommen die vollen Untertanenrechte. Die von Kaullas verkehren nun in den besten Kreisen. Wie schon in ihrem Herkunftsort Hechingen beginnen sie auch in Stuttgart eine reiche karitative und mäzenatische Tätigkeit.
Margarete von Kaulla kommt am 9. März 1888 als Tochter des Geheimen Hofrats und Hofbankdirektors Eduard von Kaulla und der Johanna Kaulla, geborene Bärlein, zur Welt. Sie wird von ihrer schon früh zum Christentum konvertierten Mutter christlich erzogen und fühlt sich dem Judentum nicht mehr verbunden. Von den Nürnberger Rassegesetzen geht für sie – so glaubt sie – keine Bedrohung aus. Selbst als sie den Judenstern tragen muss, scheinen sie die Verfolgungsmaßnahmen nicht zu betreffen. Ihre Schwester hingegen, eine Ärztin, wandert rechtzeitig aus, Margarete aber bleibt mit ihrer Mutter in Stuttgart. Sie weigert sich, ihre jüdische Abstammung anzuerkennen, weshalb ein Abstammungsverfahren gegen sie eingeleitet wird. Von diesem erhofft sie sich den Beweis, als »Arierin« zu gelten. Doch noch vor Abschluss des Verfahrens wird ihre Mutter am 22. August 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 6. April 1943 umgebracht wird. In der Folgezeit wird sie wiederholt festgenommen. Schließlich wird Margarete von Kaulla ins Frauenlager Rudersberg gebracht und von dort ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Ende 1942 erklärt man sie für tot.
Maria Zelzer: Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden. Ein Gedenkbuch. Hrsg. von der Stadt Stuttgart. Stuttgart [1964] (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart, Sonderband). S. 257f.